In der neuen zweiteiligen Serie fragen wir Franziska Sutter nach dem besten Kälbermanagement. Franziska ist Tierärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Tierklinik für Fortpflanzung der Freien Universität Berlin und hat mehrere wissenschaftliche Artikel zum Thema Kälberversorgung veröffentlicht.

Wie sieht die optimale Erstversorgung des Kalbes aus?

Das Kolostrum-Management ist die Basis für eine erfolgreiche Färsenaufzucht. Eine mangelhafte Kolostrum-Versorgung stellt einen großen Risikofaktor für Kälberverluste, Kälbererkrankungen und schlechte Gewichtszunahmen dar. Nicht nur die Übertragung von mütterlichen Antikörpern über das Kolostrum ist von größter Wichtigkeit für die Gesundheit des Kalbes, da es noch kein voll funktionsfähiges Immunsystem besitzt, sondern auch Hormone und Wachstumsfaktoren des Kolostrums wirken sich positiv auf die Entwicklung verschiedener Organsysteme und den Stoffwechsel aus.

Zu einem guten Kolostrum-Management gehört das Ermelken des Kolostrums direkt nach der Geburt sowie die Erfassung seiner Qualität (≥ 50 g IgG/L). Die Erfassung der Qualität kann auf dem Betrieb mittels Kolostrumspindel (≥ 1.050 spezifische Dichte) oder mittels Refraktometer (≥ 22 % Brix) erfolgen. Die zeitnahe erste Fütterung des Kalbes mit Kolostrum in adäquater Menge (4 Liter) ist ein wichtiger Punkt im Kolostrum-Management. Die Fütterung sollte so schnell wie möglich nach der Geburt bzw. innerhalb der ersten zwei Lebensstunden erfolgen. Grundsätzlich ist auch der hygienische Umgang mit Kolostrum zu beachten. Es ist essentiell, dass Verschmutzungsquellen minimiert werden, daher sollte auf ein sauberes Euter vor dem Melken, auf ein gereinigtes und desinfiziertes Melkgeschirr sowie Nuckelflasche und auf eine adäquate Lagerung des Kolostrums (portioniert im Kühlschrank oder eingefroren) geachtet werden. Als bedeutendes Kontrollelement sollte man allerdings die regelmäßige Beurteilung der passiven Immunisierung der Kälber über Blutproben nennen. Hierbei kann das Refraktometer als indirekte Messmethode verwendet werden und über die Bestimmung des Totalproteins (TP, ≥ 5,5 g/dL) oder der Gesamtfeststoffe (TS, ≥ 8,4 % Brix) im Serum der Kälber können Rückschlüsse auf die erlangte IgG-Konzentration durch die Aufnahme von Kolostrum gezogen werden. Schlussendlich sollten all diese Maßnahmen dokumentiert werden, damit Fehlerquellen im Management schnell erkannt werden können.

Kolostrum bzw. Transitmilch sollte mindestens während der ersten 5 Lebenstage an das Kalb verfüttert werden, da es zusätzlich die Immunität im Darm begünstigt und eine probiotische Wirkung hat.

Auf folgende Punkte sollte also besonders geachtet werden:

  • Zügiges und sauberes Ermelken des Kolostrums nach der Kalbung
  • Erfassung der Qualität des Erstgemelks
  • Schnelles Vertränken des Kolostrums innerhalb der ersten 2 Lebensstunden des Kalbes
  • Portionierte Lagerung des Kolostrums im Kühlschrank oder eingefroren
  • Reinigung und Desinfektion von Melkgeschirr und Nuckelflasche/Tränkeeimer
  • Regelmäßige Beurteilung der passiven Immunisierung der Kälber über Blutproben

 

Autorin: Franziska Sutter

Bildquelle: Franziska Sutter