Milchfieber, auch Gebärparese oder Hypocalcämie genannt, ist eine der bedeutendsten Stoffwechselerkrankungen im Zeitraum um die Abkalbung mit weitreichenden Folgen für die Milchkuh. Verursacht wird diese Erkrankung durch ein Absinken des Blutcalciumspiegels, wodurch es zu einem Calciummangel (Hypocalcämie) im Blut kommt. Durch die Kalbung und das Einschießen der Milch entsteht ein vermehrter Bedarf an Calcium und anderen Nährstoffen. So wird für die Produktion von 10 Liter Kolostrum ca. 23 g Calcium benötigt, was der 9-fachen Calciummenge des Blutplasmas entspricht! Kann die Kuh ihren Calciumbedarf weder durch die Aufnahme aus dem Futter noch aus der Mobilisation von Calcium aus dem Knochen decken, so kommt es zum Abfall des Calciumspiegels im Blut.

Calcium ist ein bedeutsamer Mineralstoff, der im Körper vielfältige Funktionen übernimmt. So ist Calcium nicht nur ein wesentlicher Bestandteil von Knochen und Zähnen, sondern ist auch einer der wichtigsten Signalstoffe im Körper. Calcium ist damit maßgeblich an der Kontraktion der Muskulatur, an der Ausschüttung von Hormonen oder bei der Aktivierung des Immunsystems beteiligt.

Trotz verschiedener Prophylaxe-Strategien, um das Risiko einer Erkrankung an Milchfieber zu reduzieren, zeigen neuere Studien, dass die Inzidenz von klinischem Milchfieber – also die Häufigkeit der neu an klinischem Milchfieber erkrankten Tieren  in einem bestimmten Zeitraum – zwar nur bei ca. 5% liegt, die Zahl der subklinischen Fälle bei mehrkalbenden Kühen jedoch auf 30-50% angestiegen ist. (Venjakob et al., 2017). Klinische Fälle führen unbehandelt häufig zum Tod, weswegen diese Tiere in den meisten Fällen durch intravenöse Calciumgaben behandelt werden. Das fatale bei den subklinischen Fällen ist jedoch, dass die Kuh dabei keine eindeutigen Symptome zeigt, hierdurch nicht erkannt wird und das Risiko an Folgeerkrankungen dadurch deutlich erhöht wird. Subklinische Fälle können nämlich nur durch Blutuntersuchungen nach der Kalbung eindeutig festgestellt werden. Zwischen klinischem und subklinischem Milchfieber wird anhand der Konzentration des Blutcalciumspiegels unterschieden (Abbildung links).

Das Risiko, dass die Kuh an verschiedenen anderen Erkrankungen (Abbildung rechts) leidet, ist bei vorheriger Milchfiebererkrankung deutlich erhöht (Houe et al., 2001). Das Risiko an Mastitis zu erkranken ist hierbei um das 8fache größer! Da durch den Calciummangel die Kontraktionsfähigkeit der Muskeln vermindert wird, verursacht dies einen mangelnden Zitzenschluss und begünstigt den Eintritt für Bakterien. Darüber hinaus sinkt durch den Calciummangel die Futteraufnahme ab, wodurch die Körperfettmobilisation der Kuh ansteigt und somit das Risiko einer Ketose deutlich ansteigt. Aber auch für andere Erkrankungen, wie Metritis als auch geburtsbezogene Störungen wie  Schwergeburt und Nachgeburtsverhaltung steigt das Risiko nach einer Milchfiebererkrankung deutlich an.

 

Um eine Erkrankung an Milchfieber, vor allen den negativen Folgen einer subklinischen Erkrankung, vorzubeugen wurden in den letzten Jahren verschiedene Strategien mit entsprechenden Vor- und Nachteilen entwickelt. Hierzu gehören z.B. orale Calciumgaben um den Geburtszeitraum, subkutane Calciumapplikation, Vitamin-D Gaben, Fütterung von sauren Salzen oder eine calciumarme Fütterung mit Einsatz von Calciumbindern. Die Möglichkeit der Umsetzung der genannten Prophylaxemaßnahmen hängt unter anderem auch von der Größe und dem Management des Betriebes ab. Die Investition in eine ausreichende Prophylaxe verbessert hierbei nicht nur die Tiergesundheit und damit auch das Tierwohl der Herde, sondern erhöht gleichzeitig auch die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. So werden die Kosten von klinischem Milchfieber mit ca. 250-350 Euro angegeben. Bei subklinischem Milchfieber wird der wirtschaftliche Schaden sogar deutlich höher geschätzt, bedingt durch die erhöhte Anfälligkeit gegenüber vielen Erkrankungen und deren Behandlungskosten, verringerte Milchleistung oder erhöhte Abgangsrate (Oetzel, 2011; Oetzel, 2012; Perween et al., 2018).

Autor: David Manneck