Mein Name ist Dorothee Ott, ich bin Tierärztin und seit 2018 bei PerformaNat Doktorand. Zu meinen Aufgaben zählte die Durchführung einer Fütterungsstudie. Wie so eine Doktorarbeit im Stall abläuft, dazu möchte ich euch einen kleinen Einblick geben.
Wir wollten herausfinden, ob der Calciumstatus der Milchkühe im Kalbezeitraum mit phytogenen Wirkstoffen verbessert werden kann. 120 Kühe nahmen an der Studie Teil, die Hälfte der Tiere bekam den Zusatz, der andere Teil der Kühe bildete die Kontrollgruppe. Um die Auswirkungen messen zu können, wurden Blutproben aus der Schwanzvene genommen und verschiedene Parameter untersucht. Jede Kuh wurde ca. 13 mal dafür von mir besucht. Viele der Tiere gewöhnten sich gut an mich und machten bereitwillig mit. Bei einigen hielt sich die Freude jedoch sehr in Grenzen, ganz besonders bei Nr. 506.
Nr. 506 war eine der ältesten Damen in meinem Versuch und eigentlich eine kleine unscheinbare, nett aussehende Braunviehkuh. Leider war diese Begeisterung füreinander nur einseitig, denn von ihrer Seite definitiv nicht. War sie an der Reihe, musste ich nie lange suchen, denn es war die Einzige, die beim ersten Anblick meiner Person sofort das Weite suchte.
Damit ergab sich Problem Nr. 1: dieser Sturkopf musste erst mal ins Fressgitter gebracht und dort fixiert werden. Klingt eigentlich ganz einfach, war es aber meist leider nicht. Wir drehten oft einige Runden im Laufstall, bis wir überhaupt erst am Fressgitter ankamen. 30 Minuten war keine Seltenheit, bis ich sie soweit hatte. Meine einzige Chance, sie auch dort fixieren zu können, bestand darin, dass ich schon 2 Kühe so platziert hatte, dass wirklich nur noch ein Platz dazwischen war und sie dann genau dort rein zu bringen. Die Beinarbeit war nun getan, jetzt kam das Krafttraining mit den Armen an die Reihe und Problem Nr. 2: die Blutentnahme. Mit dem einen musste der Schwanz nach oben gedrückt werden und mit der anderen Hand die Nadel in die Schwanzvene gestochen werden, um an die Blutprobe zu kommen. Wenn allerdings die Kuh plötzlich anfängt eine Tanzeinlage mit besonderem Hüftschwung aufzuführen, sobald man den Schwanz nur in die Hand nimmt, wird das plötzlich eine schwierige Geschichte. Sie schaffte es immer wieder, dass ich aufgeben und von Neuem starten musste. Das volle Blutröhrchen war am Ende jedenfalls sehr hart erkämpft.
Über den letzten Versuchstag, an dem die 506 auf der Liste stand, waren wir beide sehr froh. Eine extra Hand Kraftfutter als Friedensangebot ließ ich mir nicht nehmen. Es dauerte allerdings noch weitere 2 Monate, bis sie nicht mehr bei meinem Anblick aus dem Staub machte.
Den Beitrag zu meiner Studie hat Nr. 506 dennoch tapfer abgeleistet. In nächster Zeit werden die Ergebnisse zu den Effekten von phytogenen Wirkstoffen auf den Calciumhaushalt in der Transitzeit veröffentlicht und ich kann meine Doktorarbeit abschließen.
So bleibt die Kuh Nr. 506 in gewisser Weise unvergessen!