Warmställe für Milchkühe sind mittlerweile (glücklicherweise) nur noch vereinzelt zu finden. Die optimale Temperatur für Milchkühe liegt zwischen 4 und 17°C. Daher haben sich seit mehreren Jahrzehnten Kaltställe etabliert, in denen sich die Kühe deutlich wohler fühlen.

Damals, in den Warmställen war es nötig, Kühe zu Scheren. Das dichte, lange Winterfell führte dazu, dass die Tiere anfingen zu schwitzen. In den Kaltställen fällt diese Arbeit aber weg. Oder etwa nicht?

Wenn ein Stall geschützt ist vor Witterungseinflüssen, sprich vor Zugluft, Regen und Schnee halbwegs geschützt ist, kann es durchaus sinnvoll sein, die Tiere (Kühe, Rinder und Kälber) trotzdem zu scheren.

Einer der wohl wichtigsten Argumente für das Scheren im Winter ist es Ektoparasiten, wie Räudemilben oder Haarlingen, den Lebensraum im dichten Winterfell zu nehmen. Ektoparasiten können vor allem während der Wintermonate auftreten und können bei Befall zu schlechterer Futterverwertung und somit zu einem Rückgang der Milch- und Mastleistung führen.

Häufig nisten sich Ektoparasiten an den ersten Schwanzwirbeln, im Bereich der Sitzbeinhöcker oder am Hals ein. Diese Bereiche haben also Priorität beim Scheren.

Des Weiteren wirkt sich das Scheren der kompletten Kuh, inklusive Euter auch auf die Sauberkeit der Tiere aus: je nach Boxenhygiene bilden sich weniger Klatten an den Tieren, da die Haare einfach kürzer sind und weniger verkleben. Das Scheren der Euter ist zudem für Roboter-Betriebe sehr hilfreich, dass der Roboter die Striche der Kuh besser erkennen kann. Zu viele Haare am Euter sind dafür eher hinderlich.

Ist ein Stall eher luftig gebaut, großer Laufhof, wenig Wind- und Wetterschutz ist es ratsam, den Kühen das Winterfell zu lassen, um ausreichenden Kälteschutz zu haben.

Vorteilhaft ist es auch, je nach Stallform Jungrinder und Kälber zu scheren, da diese ebenfalls durch das Winterfell beginnen zu Schwitzen.

Besonders bei der Schneeschmelze im Winter bzw. wenn der Frost aus dem Boden taut, kommt es zu besonders hoher Luftfeuchtigkeit: in diesen Zeiten beginnen die Tiere häufig zu schwitzen, wenn sie nicht geschoren sind. Wenn schwitzende Tiere zudem Zugluft ausgesetzt sind, kommt es häufig zu Atemwegserkrankungen.

Ist es zu aufwändig, fehlt die Kapazität oder eventuell auch die Lust, die Tiere komplett zu scheren, ist es ratsam zumindest die Rückenpartie, den Schwanz und die Hinterbeine zu scheren, um Schwitzen, Ektoparasiten und Verschmutzung der Tiere zu vermeiden oder zumindest einzudämmen.

Um durch größere Klatten besser durchzukommen, bzw. Tiere, die noch im Spätherbst auf der Weide waren und viel Erde/Dreck im Fell haben, empfiehlt es sich Schermesser zu benutzen, die weniger Zähne haben. Die Schur ist zwar gröber, geht jedoch deutlich einfacher und schneller.

Bei hoher Auslastung empfiehlt sich eine Akkuschermaschine. Diese ist deutlich komfortabler als eine Kabelschermaschine, da kein Kabel stört (unruhige Tiere) und kein Kabel in der Gülle oder im Mist liegt. Jedoch ist ein Akkugerät in der Anschaffung auch deutlich teurer.

Letztlich muss ein Betrieb für sich selbst entscheiden ob und wann ja wie viel der Tiere im Betrieb geschoren werden, abhängig von Kapazität und Stallgestaltung. Eine Schur im Winter kann sich positiv auf die Tiergesundheit auswirken. Ein komplett geschorener Stall ist wenige Wochen nach der Schur, wenn das Fell beginnt zu glänzen sehr schön anzusehen.