Bei -5 bis +15 °C fühlt sich die Kuh am wohlsten. Daher wird im Zuge des Klimawandels Hitzestress bei Milchvieh zunehmend ein Problem! Aber Landwirte können durch geeignetes Management vorbeugen. Dafür widmen sich viele Forschende dem Thema und es stellt sich heraus, dass die Folgen von Hitzestress weitaus komplexer sind, als auf den ersten Blick ersichtlich. Gleichzeitig können Untersuchungsergebnisse aus heißeren Regionen als Beispiel für innovative Strategien zur Kühlung von Milchvieh dienen.
Sind Umgebungstemperatur, Sonneneinstrahlung oder Luftfeuchtigkeit zu hoch, kommt es zum Hitzestress. Neben offensichtlichen Symptomen wie verlängerte Stehzeiten, eine gesteigerte Atemfrequenz, Hecheln und Schwitzen, kann thermischer Stress die Körpertemperatur erhöhen (Hyperthermie). Das hat vielfältige Auswirkungen auf den Stoffwechsel sowie auf das Immunsystem in den verschiedenen Lebensphasen einer Kuh. Das kann den Landwirt letzten Endes teuer zu stehen kommen, denn die Milchmenge und -qualität nimmt ab und Tierarztkosten können anfallen.
Dabei wirkt sich Hitze nicht nur auf die Mutterkuh, sondern auch schon pränatal – also vor der Geburt – negativ aufs Kalb aus!
- Für die embryonale und fötale Entwicklung entscheidende zelluläre Prozesse werden von erhöhten mütterlichen Temperaturen beeinflusst.
- Verringertes Geburtsgewicht durch Hitzestress in der Spätträchtigkeit.
- Ineffizientere IgG-Absorption der Kälber beim Trinken der Kolostralmilch und somit schlechtere Immunkompetenz des Kalbs.
- Höhere Kälbersterblichkeit und schlechtere Performance im späteren Leben nach pränatalen Hitzestress.
Und auch Hitzestress in den ersten Lebenstagen bleibt meist nicht ohne Folgen, wobei die optimale Temperatur bei unter 3 Wochen alten Kälbern zwischen 15–25 °C liegt. Studien konnten zeigen, dass heiße Sommer bei Kälbern das Immunsystem schwächen kann und langfristig sogar das Erstkalbealter verzögert wird. Während des Heranwachsens nimmt die Wärmetoleranz ab und Daten belegen eine schlechtere Wachstumsleistung von Färsen bei heißem Wetter.
Bei laktierenden Kühen verschlimmert Hitzestress das Auftreten pathogeninduzierter Krankheiten wie Mastitis; einerseits, weil Wärme günstige Bedingungen für Krankheitserreger schafft, aber auch weil die Hitze die Immunabwehr der Tiere supprimiert. Das betrifft auch trockenstehende Kühe: Ohnehin nimmt in dieser Periode die Anfälligkeit für Erkrankungen zu. Diese wird zusätzlich durch die Hyperthermie gesteigert.
Als Zwischenfazit steht somit fest, dass Hitzestress in allen Lebensphasen der Milchkuh ein Problem ist, das vermieden werden sollte! Doch welche Maßnahmen sind am effizientesten, nicht nur mit Blick auf die Reduzierung der Wärmebelastung, sondern auch hinsichtlich Energiekosten und Wasserverbrauch?
Unter diesen Gesichtspunkten waren in einer kalifornischen Studie Wassersprühanalgen im Fressbereich kombiniert mit Ventilatoren im Laufstall bei Temperaturen über 30 °C am wirkungsvollsten (verglichen mit wassergekühlten Liegematten und Luftkühlung). Um Wasser zu sparen, sollte dabei die Länge der Sprühphasen, die Sprühfrequenz und -menge optimal eingestellt sein, denn durch die Reduzierung der Sprühmenge kann zu hohe Luftfeuchtigkeit vermieden und das Mikroklima verbessert werden. Empfohlen wird eine Sprühdauer von 30 Sekunden alle 4,5 Minuten. Auch eine betriebsindividuelle Klimatisierung des Melk- und vor allem des Wartebereichs ist sinnvoll, da die Tiere dort eng beieinander stehen und sich die Wärme ohne ausreichende Luftzirkulation staut. Begrünte Dächer sind ein weiterer Lösungsansatz und können die Stallinnentemperatur um 5 °C senken, weil dadurch die Oberflächentemperatur des Daches deutlich reduziert wird. Zusätzlich kann das Fütterungsmanagement an heißen Tagen optimiert werden, indem die Grundfuttergabe idealerweise 2-mal täglich in den kühlen Morgen- und Abendstunden erfolgt. Außerdem sollte auf eine gute Wasserversorgung mit ausreichenden Tränken geachtet werden, denn an heißen Sommertagen kann der Wasserbedarf pro Kuh über 150 Liter pro Tag betragen.
Für die optimale Leistung und das Tierwohl ist es wichtig, dass nicht nur Kühe, sondern auch Kälber und Färsen an heißen Tagen vor Hitzestress geschützt werden. Innovative Kühlstrategien für Milchviehställe gibt es – Was machen Sie?
Autorin: Janine Falke